1. Der gesetzliche Erholungsurlaub (§§ 1, 3 BUrlG) und der schwerbehinderten Menschen zustehende Zusatzurlaub (§ 125 Abs. 1 SGB IX) setzen keine Arbeitsleistung des Arbeitnehmers im Urlaubsjahr voraus. Gesetzliche Urlaubsansprüche entstehen auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezieht und eine tarifliche Regelung das Ruhen des Arbeitsverhältnisses an den Bezug dieser Rente knüpft.
2. Ist ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert, verfallen seine gesetzlichen Urlaubsansprüche aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BurlG 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (im Anschluss an EuGH 22. November 2011 C-214/10 [KHS]).
3. Für die Leistung der Urlaubsabgeltung ist im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB keine Zeit nach dem Kalender bestimmt, sodass der Arbeitgeber grundsätzlich noch nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern erst durch Mahnung in Verzug kommt.
Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts
1. Für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Dies steht im Einklang mit den Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie, nach der die Entstehung des allen Arbeitnehmern zuerkannten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub nicht von irgendeiner Voraussetzung abhängig gemacht werden darf.
2. Während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente auf Zeit gemäß § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD besteht dieses fort, sodass Urlaubsansprüche entstehen. Auch durch Tarifvertrag kann in diesem Fall das Entstehen gesetzlicher Urlaubsansprüche nicht wirksam ausgeschlossen werden.
3. Der Urlaubsanspruch erlischt aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/ oder eines Übertragungszeitraums von drei Monaten nach diesem Zeitpunkt erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Der Anspruch geht jedoch auch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres unter.
4. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. § 7 Abs. 4 BUrlG enthält jedoch keine Bestimmung der Leistungszeit iSd. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, sodass der Arbeitgeber grundsätzlich erst durch Mahnung in Verzug kommt.
Art. 7 Arbeitszeitrichtlinie.
Art. 267 AEUV.
Art. 8, 9, 14 Übereinkommen Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation über den bezahlten Jahresurlaub vom 24. Juni 1970.
§§ 1, 2, 3 Abs. 1, §§ 4, 7 Abs. 3 und Abs. 4, § 13 Abs. 1 BUrlG.
§ 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX.
§ 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1, § 291 BGB.
§ 4 Abs. 1 ArbPlSchG.
§ 17 Abs. 1 BEEG.
§ 26 Abs. 2, § 33 Abs. 2, § 37 Abs. 1 TvöD.
BAG, Urt. v. 7. 8. 2012 – 9 AZR 353/10 –
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7857.2013.01.08 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7857 |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 2013 |
Veröffentlicht: | 2013-01-01 |
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